Flüstern aus der Tiefe...

In Eldaroth ist nicht alles für Augen gemacht.
Manche Dinge wollen nur erfühlt werden.
Dies ist kein fertiges Kapitel. Kein makelloser Text.
Es ist ein Fragment, ein Stück von dem, was sich formt.

Vielleicht wirst du darin etwas finden.
Vielleicht auch dich selbst.

Der Moment, bevor es begann...

Die Luft in der Schenke war schwer von Rauch, altem Holz und Dingen, über

 

die niemand sprach.


Sie saß am Rand, wie immer.


Beobachtete. Hörte. Fühlte das Murmeln der Stimmen, das Kratzen von

 

Schuhen auf dem Steinboden, das Knacken von Gliedern, wenn sich jemand

 

zu heftig reckte.

 

Sie war nicht wegen des Weines hier.


Sie wollte hören, was man sich erzählte.

 

Die Tür öffnete sich. Ein Hauch kalter Luft kroch in den Raum, und drei 

 

Männer traten ein.

 

Einer wirkte, als hätte er sein ganzes Leben Holz gespalten. Der Zweite trug

 

den Ausdruck eines Narren, dem man besser nicht den Rücken zukehrte.

 

Und der Dritte…

 

... war anders.

 

Etwas an ihm wirkte fehl am Platz. Als hätte man einen Krieger in das Leben

 

eines Bauern gezwungen.

 

Sie war schneller als der Gedanke...

„...hast du gesehen, wie sie gezuckt hat?“

 

„Bei der Spinne?“

 

„Beim letzten Stoß. Ich glaub, das war kein Reflex mehr. Das war... Wut.“

 

„Du redest zu viel.“

 

„Vielleicht. Aber du hast es doch auch gesehen. Sie war schnell. Zu schnell.

 

Für so eine Tiefe. Vielleicht ist sie…“

 

„Hör auf.“

 

Schritte. Einer tritt gegen Stein. Ein Rascheln.

 

„Ich sag ja nur, irgendwas war—“

 

„Still.“

 

Beide halten inne.

 

Der erste hebt langsam den Kopf.

 

„Hast du das—“

 

Dann ein Laut.


Kein Schrei. Kein Hieb.


Nur Atem, der kurz aufstößt.

 

Der Körper sackt zusammen.

 

Der zweite dreht sich.

 

Zieht die Waffe.

 

„ZEI—“

 

Dunkelheit.

 

Nichts mehr.

Kein Zufall...

Ich war nicht der Erste, der ihn gesehen hat.


Einer der Vorreiter kam zurück, bleich wie ein alter Zettel, auf dem man 

 

vergessen hatte zu schreiben.


„Da hängt einer“, sagte er.


Das war alles.

 

Wir stoppten die Karawane am Waldrand.


Kein Lagerplatz, kein Rastpunkt, aber genug Platz, um zu wenden. Nur falls.

 

Ich ging vor.

 

Nicht, weil ich mutiger war.


Nur… weil ich ihn vielleicht kannte.

 

Und das tat ich.

 

Nicht besonders gut, aber man kennt Gesichter, wenn man oft genug

 

zwischen den Dörfern fährt.


Er war schon mal bei uns.


Ich erinnere mich an seine Hände.


Wie er Äpfel nahm, als wären sie wertvoller als Gold.


Jetzt hielt er nichts mehr.

 

Der Spieß war roh, aber gerade.


Kein Zufall.


Kein Wutausbruch.
 

Das war nicht: „Wir haben ihn erwischt.“
 

Das war: „Wir wollen, dass ihr es seht.“

 

Einer aus der Wache wollte ihn vom Spieß holen.
 

Ich hielt ihn zurück.

 

„Nicht gleich“, sagte ich.
 

„Wenn ihr ihn bewegt, verliert ihr vielleicht das Einzige, was noch eine 

 

Botschaft ist.“

 

Die anderen murrten. Aber niemand widersprach.

 

Wir zogen erst weiter, als die Sonne sich senkte.
 

Ein paar von uns hoben ein Grab.
 

Nicht besonders  tief oder kunstvoll.
 

Aber ausreichend.

 

Erst dann nahmen wir ihn vom Holz.
 

Langsam. Ohne Worte.
 

Und ohne zu wissen, wie lange er da schon hing.

 

Ich warf selbst Erde auf ihn.
 

Sonst hätte es keiner getan.

 

Ich hätte schwören können, dass die Vögel leiser waren, als wir weggingen.
 

Vielleicht war’s nur der Wind.
 

Vielleicht war es Respekt.

 

Ich weiß nicht, wer ihn getötet hat.
 

Aber ich weiß, dass sie wollten, dass ich hinschaue.

 

Und ich habe hingeschaut.

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